15.11.2023
Profis Männer

Gegnerportrait: Sachsen wollen wieder den Fahrstuhl nach oben nehmen

Die SG Dynamo Dresden unternimmt nach dem Zweitliga-Abstieg 2022 den zweiten Anlauf zur Rückkehr in die Zweite Bundesliga. Dabei sind die Sachsen aus ihrer Vergangenheit ganz andere sportliche Sphären gewohnt.

Am 12. April 1953 erlaubte die damalige Regierung der DDR den Elbestädtern die Gründung eines neuen Vereins, der zuvor als Sportgemeinschaft antrat und auf dem zwischenzeitlich aufgelösten Fundament des Dresdner SC aufbaute. Der stand 1943 im Finale um die deutsche Meisterschaft im Berliner Olympia-Stadion, Gegner war der FV Saarbrücken mit Herbert Binkert und Edmund Conen als führende Figuren. Bei Dresden stand Helmut Schön auf dem Feld, der später saarländischer Nationaltrainer wurde.

Der Dresdner SC wurde mittlerweile wieder neu gegründet, doch in der DDR-Zeit war Dynamo weitaus erfolgreicher. Achtmal wurde man zwischen 1952 und 1990 Meister, genauso oft Vizemeister, sieben FDGB-Pokalsiege und vier weitere Finalteilnahmen stehen in den Annalen. Im Europapokal der Landesmeister wurde dreimal das Viertelfinale erreicht, im Wettbewerb der Pokalsieger kam man zweimal in die Runde der letzten Acht. Der größte internationale Erfolg wurde 1989 mit dem Erreichen des Halbfinales im UEFA-Cup-Wettbewerb erzielt.

Im gesamtdeutschen Duell konnte sich der VfB Stuttgart mit 1:0 und 1:1 durchsetzen. Torsten Gütschow war mit sieben Treffern bester Turnier-Torschütze. Danach wurde die Titelsammlung kleiner, in der Bundesliga konnte man sich nach der Wende nur von 1991 bis 1994 halten. 2016 und 2021 gelang jeweils als Drittliga-Meister die Rückkehr in die Zweite Bundesliga. 2022 folgte der bislang letzte Abstieg.

Obwohl in der Rückrunde Patrick Schmidt im Sturm spielte und in seiner Dresdner Zeit sogar das „Tor des Monats März 2022“ erzielte, erfolgte der Abstieg. Markus Anfang wurde in der darauffolgenden Drittliga-Saison als Trainer engagiert. Der 49-jährige gebürtige Kölner spielte in seiner Jugend für den TSV Bayer Dormagen und den Kölner Club KSV Heimersdorf, war danach unter anderem für Bayer Leverkusen, Fortuna Düsseldorf, den FC Schalke 04, den 1. FC Kaiserslautern, Energie Cottbus und den MSV Duisburg aktiv.

Nach seinem ersten Traineramt beim SC Kapellen-Erft kam er 2016 zu seiner ersten Cheftrainer-Station Holstein Kiel, danach trainierte er noch den 1. FC Köln, den SV Darmstadt 98 und den SV Werder Bremen. Der Bundesligist trennte sich von ihm, weil er wegen eines Täuschungsversuchs vom DFB-Sportgericht rückwirkend ab dem 20.11.2021 gesperrt wurde, zudem wurde er zu einer Geldstrafe von 36.000 Euro verurteilt. In Dresden bekam Anfang im Sommer 2022 eine neue Chance, er führte die Sachsen am Saisonende unmittelbar hinter dem punktgleichen 1. FC Saarbrücken auf Rang Sechs.

„Wir hatten es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der eigenen Hand, haben aber dennoch unsere Hausaufgaben gegen Oldenburg gemacht. Mehr war für uns an diesem Spieltag nicht möglich“, sagte Anfang zum aus Saarbrücker Sicht so dramatischen Saisonende. Das gute Abschneiden führte dazu, dass es im Sommer nur wenige Wechsel im Kader gab, sodass dieser in der laufenden Runde sehr gut eingespielt ist.

„Ich glaube, man hat in der Rückrunde der Vorsaison sehen können, dass die Mannschaft immer besser zueinander gefunden hat. Gemeinsam mit den Zuschauern ist im letzten Jahr etwas zusammengewachsen. Das gibt uns aktuell sicherlich Rückenwind“, meinte der Trainer zu den Wechsel-Aktivitäten in der Pause, in der es elf Abgänge gab. „Ich unterteile die Transferperiode nicht in zwei Phasen. Wir haben uns insgesamt im Sommer bei der Zusammenstellung des Kaders bewusst dazu entschieden, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen und in die Breite des Kaders zu investieren“, ergänzte er und fährt fort: „Wir haben die vergangene Saison analysiert und uns entschieden, die Verträge von einigen Spielern nicht zu verlängern“.

Zwei frühere Kadermitglieder spielen jetzt in den höchsten Ligen ihrer neuen Heimat, Michael Akoto ging zum dänischen Ligadritten Aarhus GF, Christian Conteh musste nach Leihende zum niederländischen Champions-League-Teilnehmen Feyenoord Rotterdam zurückkehren. Ahmet Arslan, der von Holstein Kiel ausgeliehen war, spielt jetzt beim Zweitligisten 1. FC Magdeburg. Unser ehemaliger Spieler Tim Knipping wechselte zum Zweitliga-Absteiger SV Sandhausen, auch Sven Müller schloss sich mit dem Halleschen FC einem Drittligisten an. Phil Harres und Patrick Weihrauch wechselten zum Regionalligisten FC Homburg und somit ins Saarland. Nach Saisonbeginn ging Julius Kade noch zum Zweitliga-Aufsteiger SV Wehen Wiesbaden. Von den Neuen spielten Lucas Cueto (Karlsruher SC) und Robin Meißner (Hamburger SV) zuletzt bei Zweitligisten, Tobias Kraulich (vom Absteiger SV Meppen) und Tom Zimmerschied (Hallescher FC) kamen von Drittligisten. Nach Saisonstart kam noch Lars Bünning vom Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern ins Rudolf-Harbig-Stadion. Mit Heiko Scholz als einer von drei Co-Trainern gehört auch ein ehemaliger Nationalspieler zum Trainerstab. Mit Stefan Drljaca steht ein gebürtiger Saarländer im Dresdner Tor.

„Wir sind zufrieden mit seiner Entwicklung und sind mit ihm, Kevin Broll (wie Drljaca ein früherer Spieler des FC Homburg) und Erik Herrmann auf der Torhüterposition sehr gut aufgestellt“, sagt Anfang.

Der Saisonstart der Sachsen verlief durchwachsen, gleich am zweiten Spieltag gab es mit dem 0:1 (0:1) beim SV Sandhausen, die erste von bislang zwei Niederlagen. Nach fünf Siegen am Stück konnte Rot-Weiß Essen die Sachsen an der Hafenstraße mit 3:1 (1:0) bezwingen. Seitdem gab es wieder fünf Siege und ein Remis, wobei der 3:2 (2:2)-Erfolg beim SSV Ulm 1846 als besonders wertvoll angesehen wird, weil ein direkter Konkurrent auf Distanz gehalten wurde.

„Die Euphorie hat sich in der Stadt im Verbund mit Mannschaft und Fans bereits in der Vorsaison entwickelt. Wir haben bei Heim- und Auswärtsspielen immer eine fantastische Unterstützung. Das ist ein wichtiger Bestandteil, um erfolgreich zu sein“, freut sich der Kölner. Er warnt aber auch: „Die 3. Liga zeigt jeden Spieltag, dass man gut daran tut, immer demütig von Spiel zu Spiel zu denken. Das sportliche Niveau der gesamten Liga ist sehr eng beieinander und man muss Konstanz zeigen, um seine Punkte einzufahren“.

In der Tabelle ist Dresden wegen des fehlenden Spiels punktgleich mit Zweitliga-Absteiger SSV Jahn Regensburg nun Zweiter. Nach der Spielabsage von Saarbrücken gab es einen 2:0 (1:0)-Heimsieg gegen den SC Freiburg II, ehe man sich bei Viktoria Köln mit 5:1 durchsetzen konnte. Fünf Punkte beträgt der Vorsprung vor dem Dritten Rot-Weiß Essen.

Während Dresden mit Regensburg die beste Abwehr (11 Gegentreffer) hat, liegt man in der Offensiv-Tabelle nur auf Rang Drei, besser trafen bislang der FC Ingolstadt 04 und der SC Verl, der diese Rangliste mit 34 Treffern anführt. Das Dresdner Team hat keinen ausgesprochenen Torjäger, Stefan Kutschke liegt mit sieben Treffern auf Rang 4, Saarbrücken Bester Kai Brünker ist mit sechs Treffern Elfter, Dominic Baumann vom Halleschen führt die Liste mit z zehn Treffern an.

Einem früheren Dynamo-Spieler wünscht Anfang auf dem Genesungsweg auch im Namen des Vereins und der früheren Mitspieler alles Gute. ,,Ich war noch nicht als Cheftrainer von Dynamo tätig, als Patrick Schmidt in Dresden aktiv war. Trotzdem wünsche ich ihm natürlich alles Gute und eine schnelle Genesung“.